03.09.2024
Lesedauer: 6 Minuten
Heike Schröder

Inklusive digitale Lösungen Barrierefreie Webanwendungen für eine freundliche Welt

Wie Sie das Web für alle zugänglich machen und gleichzeitig Ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern

Barrierefreie Webanwendungen öffnen das Netz für alle Nutzer – eben auch für Menschen mit eingeschränkten motorischen, sensorischen oder kognitiven Fähigkeiten. Wie verraten ihnen, wie Sie einen Beitrag zu einer inklusiven digitalen Welt leisten können, warum sich das am Ende sogar für Sie lohnt und weshalb Sie sich jetzt schon für das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz“ (BFSG) interessieren sollten, das 2025 in Kraft tritt!

Eine Gruppe von Menschen sitzen mit einer Frau im Rollstuhl zusammen an einem Tisch und diskutieren.
Öffnen Sie Ihre Website für alle, steigern Sie Ihre Wettbewerbsfähigkeit und werden Sie zum Mitgestalter einer inklusiven digitalen Welt!

Machen Sie den Weg frei: Barrierefreiheit für Webanwendungen, Shops und Websiten

In der digitalen Welt von heute wird Barrierefreiheit immer mehr zur Selbstverständlichkeit: Sie sorgt dafür, dass auch Menschen mit Behinderungen auf Webanwendungen, Onlineshops und Websiten zugreifen können. Unternehmen, die barrierefreie Lösungen anbieten, profitieren von einer grösseren Zielgruppe und einer verbesserten Nutzererfahrung.

Warum Barrierefreiheit?

Websites und Webanwendungen sind heute nicht nur Informationsquellen, sondern auch wichtige Werkzeuge für die Arbeit, Bildung, Kommunikation und den Konsum von Waren und Dienstleistungen. In dieser vernetzten Welt ist es unerlässlich, dass nach Möglichkeit alle Menschen, unabhängig von ihren körperlichen, sensorischen oder kognitiven Fähigkeiten, gleichberechtigten Zugang zu digitalen Inhalten haben.

Gesetzliche Anforderungen

In der Europäischen Union regelt die Richtlinie über den barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen (EU-Richtlinie 2016/2102) die Barrierefreiheit für öffentliche Einrichtungen. In den USA spielt der Americans with Disabilities Act (ADA) eine zentrale Rolle, während in Deutschland das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) massgeblich sind.

Ab 2025 kommt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)

Im kommenden Jahr tritt das sogenannte Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft: Seine Anforderungen gelten grundsätzlich für Produkte, die nach dem 28. Juni 2025 in den Verkehr gebracht werden und für Dienstleistungen nach dem 28. Juni 2025 erbracht werden. Die Bundesfachstelle für Barrierefreiheit hat dazu Leitlinien mit Hinweisen zum BFSG veröffentlicht: Diesen können Sie entnehmen, ob und inwieweit Sie von diesem Gesetz betroffen sind.

Standards und Richtlinien: WCAG und ARIA

Die WCAG (Web Content Accessibility Guidelines) sind die international anerkannten Richtlinien für barrierefreie Webinhalte. Sie bieten eine umfassende Liste von Empfehlungen, wie Webinhalte für Menschen mit Behinderungen zugänglicher gemacht werden können. 
ARIA (Accessible Rich Internet Applications) ist eine Spezifikation und zielt darauf ab, dynamischen Webinhalten und -anwendungen zusätzliche semantische Informationen hinzuzufügen. Dies hilft assistiven Technologien, wie Screenreadern, Webinhalte besser zu interpretieren. 
 

Barrierefreiheit – eine komplexe Herausforderung Das müssen Sie wissen!

Menschen mit Behinderungen sind keine homogene Gruppe. Die Bandbreite der Behinderungen, von Seh- und Hörbehinderungen über motorische Einschränkungen bis hin zu kognitiven Beeinträchtigungen, erfordert unterschiedliche Ansätze bei der Gestaltung barrierefreier Webanwendungen. Eine Lösung, die für eine bestimmte Gruppe funktioniert, ist möglicherweise für eine andere Gruppe nicht geeignet.

Technologische Barrieren

Technologie entwickelt sich rasant, und nicht alle neuen Tools und Plattformen sind von vornherein barrierefrei. Die Integration von Barrierefreiheit in moderne Webtechnologien, wie z.B. Progressive Web Apps (PWAs), Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR), stellt eine zusätzliche Herausforderung dar.

Fehlendes Bewusstsein und Fachwissen

Viele Entwickler und Designer sind sich der Bedeutung der Barrierefreiheit nicht bewusst oder haben nicht das notwendige Wissen, um barrierefreie Anwendungen zu erstellen. Dies führt oft zu Webanwendungen, die zwar gut aussehen und funktional sind, aber eben nicht für alle Nutzern zugänglich sind.

Barrierefreie Websiten – aber wie? Sechs Ansatzpunkte für die Umsetzung

Idealerweise sind barrierefreie Webanwendungen für alle Benutzer zugänglich, unabhängig von ihren Einschränkungen. Aber wie macht man das und an welchen Kriterien können sich Entwickler bzw. Web-Redakteure orientieren? 

Hier sechs Ansatzpunkte:

1. Strukturierte Inhalte und Semantik

Ein klar strukturierter HTML-Code mit korrekter Semantik ist entscheidend für die Barrierefreiheit. Verwenden Sie Überschriften (H1, H2, H3 etc.) in der richtigen Reihenfolge verwendet werden. Tabellen und Formulare müssen korrekt ausgezeichnet sein, damit sie von assistiven Technologien richtig interpretiert werden können.

2. Alternativtexte für Bilder

Versehen Sie Bilder sollten immer mit aussagekräftigen Alternativtexten versehen, die den Inhalt oder die Funktion des Bildes beschreiben. Dies ist besonders wichtig für Screenreader-Nutzer, die den visuellen Inhalt der Seite nicht wahrnehmen können.

3. Tastaturnavigation

Webanwendungen sollten vollständig über die Tastatur navigierbar sein. Sorgen Sie dafür, dass alle interaktiven Elemente wie Links, Schaltflächen und Formulare über die Tabulatortaste erreichbar sind. Die Tab-Reihenfolge sollte logisch und vorhersehbar sein.

4. Farbkontrast und Lesbarkeit

Der Farbkontrast zwischen Text und Hintergrund sollte ausreichend hoch sein, um auch von Menschen mit Sehbehinderungen oder Farbsehschwächen gut wahrgenommen zu werden. Der WCAG-Standard empfiehlt einen Kontrastverhältnis von mindestens 4,5:1 für normalen Text und 3:1 für grossen Text.

5. Untertitel und Transkripte für Multimedia-Inhalte

Versehen Sie Videos und Audioinhalte mit Untertiteln und/oder Transkripten, um sie für gehörlose oder schwerhörige Nutzer zugänglich zu machen. Darüber hinaus sollten auch visuelle Inhalte beschrieben werden, damit auch blinde oder sehbehinderte Menschen diese verstehen.

6. Flexibilität und Anpassbarkeit

Benutzer sollten in der Lage sein, die Darstellung von Inhalten an ihre Bedürfnisse anzupassen, z. B. durch das Vergrössern von Text oder das Ändern von Farbschemata. Diese Anpassungen sollten nicht das Layout oder die Funktionalität der Anwendung beeinträchtigen.

Beispiele erfolgreicher Implementierungen

Erfolgreiche Implementierungen barrierefreier Webanwendungen zeigen, dass Inklusion und Benutzerfreundlichkeit Hand in Hand gehen. Unternehmen wie Google und Apple haben bereits Massstäbe gesetzt und gezeigt, wie Produkte und Dienste für alle Benutzer zugänglich gemacht werden können. 

Erhöhung der Kundenzufriedenheit und der Conversion-Rate Barrierefreie Online-Shops

Barrierefreie Online-Shops bieten auch Kunden mit Behinderung ein überzeugendes, nahtloses Einkaufserlebnis. Dies fördert die Kundenzufriedenheit und steigert nicht nur die Conversion-Rate, sondern auch die Umsätze. Kurzum: Barrierefreiheit führt zu einer Win-win-Situation für alle Beteiligten. Wesentliche Elemente eines zugänglichen Online-Shops sind

  • übersichtliche Navigation und Benutzerführung
  • redundante Produktdarstellung und -beschreibung
  • barrierefreie Zahlungsprozesse

Navigation und Nutzerführung

Eine klare und intuitive Navigation ist entscheidend für die Benutzerfreundlichkeit barrierefreier Online-Shops. Alle Benutzer sollten einfach durch die Website navigieren und Produkte finden können durch strukturierte Menüs, eine tastaturfreundliche Navigation und deutliche visuelle Hinweise.

Redundante Produktdarstellung und -beschreibung

Präsentieren Sie Produkte mit aussagekräftigen Beschreibungen, alternativem Text für Bilder und klaren Preisangaben. So stellen Sie sicher, dass alle Kunden die Produkte vollständig verstehen können. 

Barrierefreie Zahlungsprozesse

Stellen Sie durch einen barrierefreien Zahlungsprozess sicher, dass alle Kunden ihren Einkauf abschliessen können, zum Beispiel durch leicht verständliche einfache Formulare, mehrere Zahlungsmethoden und gut sichtbare Fehlerhinweise.

Tools, Technologien, Ressourcen Tipps und Tricks zur barrierefreien Webentwicklung

Verschiedene Werkzeuge und Ressourcen unterstützen Entwickler dabei, barrierefreie Webanwendungen, Online-Shops und Websiten verschiedene Werkzeuge und Ressourcen zu erstellen bzw.  die Zugänglichkeit ihrer Projekte zu überprüfen und zu verbessern. Zugleich gibt es auch Technologien, die Menschen mit Behinderungen nutzen, um Websiten zu verstehen: Dies funktioniert dann besonders gut, wenn Webanwendungen auf diese Tools ausgelegt sind.

Screenreader und andere assistive Technologien

Screenreader wie JAWS, NVDA oder VoiceOver lesen blinden oder sehbehinderten Nutzern den Text auf einer Website vor. Diese Technologien verlassen sich stark auf die semantische Struktur und die korrekte Auszeichnung von Webinhalten.

Barrierefreiheitstests und Validierungswerkzeuge

Es gibt zahlreiche Tools, die Entwicklern helfen, die Barrierefreiheit ihrer Webanwendungen zu testen. Beispiele sind WAVE, Axe und Lighthouse. Diese Tools überprüfen den Quellcode auf Übereinstimmung mit den WCAG und anderen Standards und geben Empfehlungen zur Verbesserung.

Automatisierte und manuelle Tests

Automatisierte Tests sind zwar sehr nützlich, können sie nicht alle Aspekte der Barrierefreiheit abdecken. Erst manuelle Tests durch Nutzer mit Behinderungen oder durch Experten für Barrierefreiheit können wirklich sicherzustellen, dass eine Webanwendung barrierefrei ist.

Anwendung inklusiver Designprinzipien

Barrierefreiheit sollte von Anfang an in den Designprozess integriert werden, nicht als nachträgliche Überlegung. Inklusive Designprinzipien zielen darauf ab, Produkte so zu gestalten, dass sie von allen Menschen genutzt werden können, unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten.

Fazit

  • Barrierefreie Webanwendungen sind kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit in der heutigen digitalen Welt.
  • Die Einhaltung von Standards wie den WCAG und die Anwendung geeigneter Tools und Technologien sind wesentliche Schritte, um Barrierefreiheit zu gewährleisten.
  • Die Entwicklung barrierefreier Webanwendungen erfordert ein Umdenken in der Art und Weise, wie digitale Produkte entworfen und entwickelt werden.
  • Barrierefreie Webanwendungen sind eine Investition in die Zukunft, die nicht nur den Menschen mit Behinderungen zugutekommt, sondern auch den allgemeinen Nutzwert und die Reichweite digitaler Produkte erhöht.
  • Barrierefreie Online-Shops fördern die Kundenzufriedenheit: Barrierefreiheit steigert die Conversion-Rate und erhöht die Umsätze.
  • Nur durch das Engagement und die Zusammenarbeit aller Beteiligten kann das Ziel einer vollständig inklusiven digitalen Welt erreicht werden.

Inhalt

Heike Schröder
Operating Manager, Germany (COO)

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